Wenn es mit der Finanzierung nicht mehr klappt, kommt so manche Immobilie „unter den Hammer“. Sie wird zwangsversteigert. Was für den einen ein Schicksalsschlag ist, der seine ganze Lebensplanung über Haufen wirft, ist für den anderen eine Chance, günstig ein Haus zu erwerben. Doch auch hier muss man aufpassen.
Darüber sollten Sie sich im Klaren sein
Wer eine Immobilie ersteigert, erwirbt damit auch alle mit dem Gebäude verbundenen Verpflichtungen. Darum ist es wichtig, sich vorher umfassend darüber zu informieren, welche Belastungen auf dem Gebäude liegen. Darüber hinaus sollten Sie klären, welche Pflichten mit dem Erwerb der Immobilie verbunden sind: Müssen Sie als Erwerber beispielsweise anderen Personen ein Wegerecht über das Grundstück einräumen oder haben Insassen des Hauses ein Dauerwohnrecht?
Sie haben bei einer Zwangsversteigerung das Recht, bestehende Miet- oder Pachtverhältnisse ordentlich bei Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Allerdings müssen Sie hierfür ein berechtigtes Interesse nachweisen.
Außerdem trügt oft der äußere Schein. Deshalb sollte man die Immobilie genau unter die Lupe nehmen: Wie alt sind beispielsweise die Heizungsanlage und die elektrischen Leitungen, gibt es feuchte Räume? Wenn es ein bis dahin privat bewohntes Haus war und Sie planen, es zu vermieten: Welche gesetzlichen Bestimmungen müssen noch erfüllt werden, damit eine Vermietung möglich ist?
Sie haben nach dem Zuschlag nach § 56 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) keinerlei Gewährleistungsrechte mehr.
§ 56 ZVG: Die Gefahr des zufälligen Unterganges geht in Ansehung des Grundstücks mit dem Zuschlag, in Ansehung der übrigen Gegenstände mit dem Schluss der Versteigerung auf den Ersteher über. Von dem Zuschlag an gebühren dem Ersteher die Nutzungen und trägt er die Lasten. Ein Anspruch auf Gewährleistung findet nicht statt.
Wie Sie mehr über die Immobilie erfahren
Bei einer Zwangsversteigerung beauftragt das zuständige Amtsgericht vor der Vollstreckung einen unabhängigen Sachverständigen, ein Gutachten zu erstellen, in dem das Objekt genau beschrieben wird und auch die Mängel benannt werden, soweit sie dem Gutachter bekannt sind. Das Gutachten kann man beim Gericht einsehen. Dennoch ist dieses Gutachten im Vorsicht zu genießen – es kann auch sein, dass der Gutachter das Objekt nicht selbst besichtigen konnte und das Gutachten nur auf Basis von Aussagen erstellt wurde.
Sie sollten in jedem Fall versuchen, das Gebäude selbst zu besichtigen. Hierzu sollten Sie Kontakt mit den derzeitigen Bewohnern aufnehmen und um einen Besichtigungstermin bitten. Der aktuelle Wohnungsinhaber ist aber nicht verpflichtet, Ihnen eine Besichtigung der Immobilie zu erlauben.
Außerdem sollten Sie das Grundbuch einsehen, da hier etwaige Schulden und andere Lasten eingetragen werden. Insbesondere sollten Sie darauf achten, dass hier keine Wohnrechte eingetragen sind beziehungsweise dass diese nach der Zwangsversteigerung erlöschen. Erlischt das Wohnrecht nicht, können Sie nach dem Erwerb keine Räumung der Wohnung verlangen.
Außerdem sollten Sie sich bei der Kommune oder dem Bauaufsichtsamt informieren, ob für das Grundstück Altlasten bestehen. Dort erfahren Sie beispielsweise, ob die Erschließungskosten komplett bezahlt wurden oder ob für das Grundstück Auflagen oder Beschränkungen bestehen, die bei Baumaßnahmen zu berücksichtigen sind.
So läuft die Versteigerung ab
Die Versteigerung wird von einem Rechtspfleger geleitet. Der Rechtspfleger ist ein Beamter des gehobenen Dienstes. Er nimmt selbstständig Aufgaben wahr, die im Rechtspflegergesetz aufgeführt sind. Dabei ist er nur dem Gesetz unterworfen – man spricht hier auch von der sachlichen Unabhängigkeit des Rechtspflegers.
Nachdem die Versteigerung aufgerufen wurde, wird festgestellt, welche Verfahrensbeteiligten zum Termin erschienen sind. Verfahrensbeteiligte sind beispielsweise
Nach der Feststellung über die Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten werden die Grundstücksnachweisungen bekannt gegeben. Hierzu gehören die Bekanntgabe der Grundbucheinträge, der festgesetzte Verkehrswert, Erklärungen der Mieter oder Pächter und ähnliche Informationen. Außerdem wird der Gläubiger bekannt gegeben, der das Verfahren betreibt. Darüber hinaus können noch weitere Informationen bekannt gegeben werden.
Danach stellt der Rechtspfleger die Versteigerungsbedingungen vor (Ablauf der eigentlichen Versteigerung) und fragt die Verfahrensbeteiligten, ob sie Anträge hierzu stellen. Danach stellt er die Versteigerungsbedingungen fest und gibt das geringste Gebot bekannt. Das geringste Gebot muss bei einer Zwangsversteigerung
Gebote unter diesem Wert werden bei der Zwangsversteigerung nicht zugelassen.
Nun werden die Anwesenden zur Abgabe von Geboten aufgefordert. Danach können die Teilnehmer der Versteigerung ihre Gebote abgeben. Die Mindest-Bietzeit beläuft sich auf eine halbe Stunde. Ist die Bietzeit abgelaufen, wird das bis dahin abgegebene höchste Gebot dreimal aufgerufen. Nach dem dritten Aufruf wird die Versteigerung offiziell geschlossen.
Anschließend wird mit den anwesenden Beteiligten über den Zuschlag verhandelt und eventuell sofort danach oder an einem zusätzlich festgelegten Termin die Entscheidung des Gerichts bekannt gegeben.
Erhalten Sie den Zuschlag werden Sie mit Verkündung des entsprechenden Beschlusses durch das Gericht neuer Eigentümer der ersteigerten Immobilie (§ 90 Zwangsvollstreckungsgesetz – ZVG). Vom Moment der Verkündung an gehen Nutzung, Lasten und Gefahren an Sie als neuen Eigentümer über (§ 56 ZVG).
Den Zuschlag kann das Gericht in folgenden Fällen verweigern:
Bei der Bestimmung des Verkehrswertes werden auch Grundschulden berücksichtigt, die nach der Versteigerung fortbestehen. Hat eine Immobilie beispielsweise einen Wert von 250.000 € und besteht eine Grundschuld von 50.000 €, wird diese vom Verkehrswert abgezogen, wenn sie nach der Versteigerung weiter bestehen bleibt.
Mit Ihrem Gebot verpflichten Sie sich, den gebotenen Betrag zu zahlen. Grundbuchrechte außerhalb des geringsten Gebots, bestehende Rechte oder übrige Belastungen können nicht mit dem Gebot verrechnet werden! Werden sie nicht durch die Auktion gelöscht, bleiben sie neben dem Gebotspreis weiterbestehen. Sie gehen dann als zusätzliche Belastung auf Sie über!
Wird der Zuschlag im ersten Versteigerungsverfahren aufgrund der 5/10 beziehungsweise 7/10-Regel verweigert, wird ein zweiter Termin festgesetzt, bei dem diese Grenzen keine Rolle mehr spielen. Darauf wird auch bei der Bekanntgabe des Termins hingewiesen.
Der Gläubiger hat jedoch jederzeit die Möglichkeit eine Versteigerung zu abzubrechen und so den Verkauf unter Wert zu verhindern.
Taktisch bieten
Bei einer Versteigerung sollte man sich taktisch klug verhalten. Dazu gehört, dass man sich von vorneherein ein Limit setzt. Es ist schon oft vorgekommen, dass Bieter ohne Limit sich von anderen Bietern anstacheln lassen und sich mit der Ersteigerung finanziell übernehmen.
Sie sollten als Limit einen „krummen Betrag“ wählen. Da meist glatte Beträge als Grenzwert gewählt werden, kann es schnell vorkommen, dass auch ein anderer Bieter das gleiche Limit hat.
Bei der Versteigerung selbst sollten Sie Geduld haben. Je früher Sie Ihr Gebot abgeben, umso länger ist die Zeit, in der andere den Preis nach oben schrauben. Nicht selten sitzen bei solchen Versteigerungen auch Immobilienspekulanten im Raum, die ein Interesse daran haben, den Preis hoch zu treiben. Diesen sollte man so spät wie möglich das eigene Interesse kundtun. Selbst wenn das Höchstgebot schon aufgerufen wird, haben Sie noch die Möglichkeit einzugreifen, erst nach dem dritten Aufruf erfolgt der Zuschlag.
Sind mehrere Bieter anwesend, sollten Sie versuchen, mit diesen Kontakt aufzunehmen. Es ist erlaubt, sich mit den anderen Interessenten – auch noch während der Versteigerung – abzusprechen.
Häufig ist man auch der einzige Bieter. Dann haben Sie alle Trümpfe in der Hand. Lassen Sie sich deshalb nicht beirren, wenn auch die Gläubiger zunächst auf der 7/10-Regel beharren. Ist die Bietzeit abgelaufen, kann es durchaus sein, dass man jetzt bereit ist, auch ein Gebot unter dieser Grenze zu akzeptieren, frei nach dem Motto „Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach“.
Schließlich sollten Sie mit Ihren Äußerungen vorsichtig sein. Denn auch ein mündliches Gebot ist bei einer Zwangsversteigerung rechtskräftig. Sie können es auch nicht mehr zurücknehmen.
Wann Sie zahlen müssen
Haben Sie das Gebäude ersteigert und den Zuschlag erhalten, wird Ihre Sicherheitsleistung zunächst mit Ihrem Gebot verrechnet. Den Restbetrag müssen Sie an das Gericht spätestens bis zum Verteilungstermin gezahlt haben. Dieser Termin liegt einige Wochen nach dem Versteigerungstermin.
Haben Sie eine Immobilie ersteigert, müssen Sie für Erteilung des Zuschlages und für die Eintragung als neuer Eigentümer im Grundbuch Gerichtskosten bezahlen. Außerdem fallen 3,5 % Ihres Gebotes als Grunderwerbsteuer an.
Müssen Sie zur Sicherung der Finanzierung eine Grundschuld im Grundbuch eintragen lassen, kommen noch die Notarkosten für die Beurkundung der Grundschuldbestellungsurkunde sowie die Kosten wegen der Eintragung im Grundbuch auf Sie zu.
Zahlen Sie so schnell wie möglich nach dem Zuschlag. Denn bis zur Einzahlung und Hinterlegung des Betrages bei dem Amtsgericht (Hinterlegungsstelle) wird der offenstehende Betrag verzinst. Den derzeit gültigen Zinssatz erfahren Sie beim Gericht.